„Liebe! Liebe! Lass mich los!“, fleht 1775 ein Mann, der heute als bedeutendster deutscher Dichter gilt. Das Gedicht, in dem Johann Wolfgang von Goethe ein „liebes, loses Mädchen“ beschreibt, das ihn „so wider Willen“ festhalte, trägt den Titel Neue Liebe, neues Leben, und seine Zeilen sind keineswegs bloße Fantasie, sondern Ausdruck des eigenen Inneren. Hin- und hergeworfen zwischen Liebessehnen und der Unfähigkeit, sich dauerhaft zu binden, hat sich Goethe in zahlreiche Frauen verliebt, hat sie begehrt, dann wieder verlassen, ist für neue entflammt und hat über sie und seine Gefühle unzählige Worte auf Papier geschrieben. Wer aber waren die Frauen, an die er sein Herz verlor? Konnte Goethe überhaupt jemanden anderes lieben als sich selbst, waren Frauen für ihn womöglich reine Projektionsflächen? Der Tenor Julian Prégardien ist im Museum einem Gemälde begegnet, das ihn tief beeindruckte: blind spot von Margit Jäschke. Das Bild zeigt drei Frauen in langen, farbigen Kleidern, die sich vor einem Tasteninstrument versammelt haben. Ihre Oberkörper und vor allem ihre Gesichter verdeckt ein flickenartiger weißer Fleck. Wer waren Goethes Frauen? Wie haben sie die Beziehung zu ihm gesehen, und welche Künste haben sie im Schatten des großen Dichters ausgeübt? The blind spot ist ein zweiteiliger Abend mit Liedern und Gedichten u. a. von Franz Schubert, Fanny Hensel, Louise Reichardt und Bettina von Arnim. Im ersten Teil hören wir Vertonungen von Versen, in denen der junge Dichter seine drei Liebesbeziehungen in Weimar verarbeitet. Im zweiten Teil bekommen die Frauen um Goethe, speziell die Künstlerinnen, eine Bühne. Die Schauspielerin Julia Nachtmann ist hier dabei, und wir erfahren staunend, dass beileibe nicht alles so war, wie Goethe es sich erträumte. Oder herbeidichtete. Schon der deutsche Dichterfürst hat virtuos das beherrscht, was wir heute Mansplaining nennen. Was für eine Entdeckung!.

Julian Prégardien, Kristian Bezuidenhout & Julia Nachtmann

Hunting Hall

"Love! Love! Let me go!" pleaded a man in 1775 who is today considered the most important German poet. The poem in which Johann Wolfgang von Goethe describes a "sweet, loose girl" who held him "against her will" is entitled New Love, New Life , and its lines are by no means mere fantasy, but an expression of his own inner life. Torn between longing for love and the inability to commit to a permanent relationship, Goethe fell in love with numerous women, desired them, then left them again, was inflamed by new ones and wrote countless words on paper about them and his feelings. But who were the women he lost his heart to? Could Goethe actually love anyone other than himself? Were women perhaps just surfaces for him to project himself into? The tenor Julian Prégardien came across a painting in a museum that made a deep impression on him: blind spot by Margit Jäschke. The picture shows three women in long, colorful dresses gathered in front of a keyboard instrument. Their upper bodies and especially their faces are covered by a patchy white spot. Who were Goethe's women? How did they view their relationship with him, and what arts did they practice in the shadow of the great poet? The blind spot is a two-part evening with songs and poems by Franz Schubert, Fanny Hensel, Louise Reichardt and Bettina von Arnim, among others. In the first part we hear musical settings of verses in which the young poet deals with his three love affairs in Weimar. In the second part the women around Goethe, especially the artists, are given a stage. The actress Julia Nachtmann is here, and we are amazed to learn that not everything was as Goethe dreamed it would be. Or as he made it up. The German poet laureate was already a master of what we today call mansplaining. What a discovery!

Cornelia Weidner

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May 17, 2025

Julian Prégardien, Kristian Bezuidenhout & Julia Nachtmann · SWR Symphonieorchester

May 16, 2025

Julian Prégardien & Kristian Bezuidenhout · SWR Symphonieorchester

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